Orbital Supermax: Episode IX

In Kooperation mit dem StarCitizenHQ veröffentlichen wir jeden Sonntag eine übersetzte Folge der Spectrum Dispatch Geschichten.

Diese Woche geht es mit Episode IX der Kurzgeschichte Orbital Supermax von Jordan Ellinger weiter.

Hier geht’s zu den restlichen Episoden: I, II, III, IV, V, VI, VII, VIII, IX, X, XI

Und jetzt wünschen wir Euch viel Spaß beim Lesen!


Orbital Supermax: Episode IX

Das Besucherzentrum eines Super Max Gefängnisses ist oft der einzige Ort des gesamten Komplexes, an dem Gefangene ihren gewalttätigen Ruf beiseite legen können, den sie sich selbst angeeignet haben. In einer so abgeschiedenen Einrichtung wie OSP-4 müssen Familien Tausende von Credits aufbringen und lange Reisen auf sich nehmen, um ihre geliebten Menschen treffen zu können, die dort inhaftiert sind. In Ausnahmefällen erklärt sich das Gefängnis auch dazu bereit, einen Teil der Kosten zu übernehmen. Es gibt eine Menge Untersuchungen, die darauf hinweisen, dass ein Gefangener, der den sozialen Kontakt zu seinen Geliebten aufrecht erhalten darf, sich fügsamer verhält und einfacher im Umgang ist. Es ist eine Investition, die sich auf lange Sicht tendenziell auszahlt.

Jetzt war das Besucherzentrum aber das neue Zuhause der Nova Dogs, einer Gruppe Piraten, die von einem Mann namens Martin Kilkenny angeführt werden, einem Kannibalen mit Gotteskomplex. Ich wollte eigentlich einen großen Bogen darum machen, aber wir brauchten Treibstoff, um von OSP-4 fliehen zu können und die einzig uns bekannte verfügbare Quelle war auf der anderen Seite dieses Zentrums.

Wir waren so nah, dass wir unsere Comms ausschalten mussten. Sogar ein verschlüsseltes Signal gab ein verräterisches Rauschen ab. Stattdessen waren wir auf kurzes Geflüster angewiesen, als wir durch einen engen Wartungsschacht krochen. Das war in unseren Raumanzügen kein einfaches Unterfangen. Früher hatte ich diese Tour allerdings mehrere Male mit einer Tasche voll verbotener medizinischer Vorräte, die an meinem Bein befestigt war, gemacht, deshalb ging ich auch voraus. Der einfachste Weg, sich zu fortzubewegen, war es, auf den Ellenbogen zu robben und ich kam damit gut voran. Die anderen hatten allerdings Probleme.

“Das wäre ohne die Raumanzüge um einiges einfacher,” murrte eine Stimme hinter mir. Dem Tonfall nach war es Relic. Der andere Ex-Häftling, Pike, hatte eine tiefere Stimme und sprach zudem nur selten.
“Es wäre zu laut, sie hinter uns herzuziehen und auf der anderen Seite brauchen wir sie wieder. Davon abgesehen läuft hier genug Strom durch die Leitungen, um dich auf der Stelle zu braten. Die Isolierung des Anzugs sollte zumindest ein wenig Schutz gegen Kurzschlüsse bieten.” Ich entdeckte eine Bewegung durch das Zugangsgitter vor uns. “Und jetzt haltet die Klappe, bevor uns die Nova Dogs hören.”

Obwohl wir den Schaden, den Kilkennys Männer angerichtet hatten, gesehen haben und durch Teile der Station reisen mussten, die bis zum nackten Weltraum offen waren, sind wir den Piraten selbst nur selten begegnet. Jetzt konnte ich ihre Truppe zum ersten Mal in Ruhe durch ein schmales Zugangsgitter betrachten.

In einem kleinen Bereich ca. zehn Meter entfernt von uns gab es Dutzende von ihnen. Sie trugen Raumanzüge, die einem Dutzend unterschiedlicher Streitkräfte und sogar Zeitepochen zugeordnet werden konnten. Einige waren sogar mit Teilen von Anzügen zusammengeflickt, die einst fremden Rassen gehört haben müssen. Viele waren nur notdürftig mit dicker, teerartiger schwarzer Farbe angemalt, so dass die Originalfarbe noch durchschimmerte. Nur wenige trugen Helme, der Rest bevorzugte es, ihre aufwendigen Frisuren zu präsentieren; meistens Varianten des Irokesenschnitts mit langen, geflochtenen Koteletten und Nacken- sowie Gesichtstattoos.

“Ich hänge fest.”

Die Stimme gehörte zu Pike, unserem Meister im Umgang mit Worten. “Keine Panik,” zischte jemand laut.

“Ich bin nicht panisch, ich hänge nur fest.”

Ich sah zu Wes Morgan. Er zog die Augenbrauen hoch und blickte dann zurück zum Ende des Schachts.

Ich hörte eine Reihe dumpfer Schläge.

“Wenn du mich noch einmal trittst, schieße ich dir in den Arsch.” Pike wurde nur langsam sauer, aber jetzt konnte ich einen Anflug von Ärger in seiner Stimme hören. Außerdem wurde er lauter und mein Blick zuckte besorgt zurück zum Zugangsgitter. Die Nova Dogs waren selbst ein lautstarker Haufen, aber einer von ihnen, ein Mann mit Vollbart und wildem schwarzen Haar, hatte jetzt seinen Kopf in unsere Richtung gedreht.

“Haltet die Klappe,” zischte ich.

“Sollen wir ihn zurücklassen?” fragte Relic.

“Ihr lasst mich hier nicht zurück.” Pikes Aussage war endgültig, eine Drohung war unnötig.
Es klang nicht so, als würde auch nur einer von ihnen ihre Stimmen senken. Tatsächlich wurden sie noch lauter. Der bärtige Pirat war inzwischen aufgestanden und begann auf uns zuzugehen, sein Gewehr hielt er locker in einer Hand.

“Letzte Warnung, Leute. Seid still.” Der Schacht war sehr eng, aber ich tat mein Bestes, zur anderen Seite zu robben, außer Sicht des Zugangsgitters. Er war unter uns weit genug, damit der Blickwinkel mich verstecken würde, aber ich wollte nicht, dass er eine Bewegung ausmachen kann.

“Ihr werdet mich hier rausholen. Ich werde hier nicht sterben.” Ich hörte den Klang von zerknittertem Aluminium und Klopfgeräuschen, als Pike versuchte, sich selbst zu befreien.

Jemand fluchte und dann ertönte ein Alarmruf von dem Piraten unter mir. Schüsse durchschnitten die Luft und Funken stoben aus der Wand des nächstgelegenen Schachts. Löcher erschienen in einer Reihe und reichten von der unteren Ecke bis zur Decke nur knapp über meinem Kopf.

Hinter mir begann Pike in Panik zu geraten und krallte sich an Relic, der verzweifelt versuchte, ihn wegzustoßen. Morgan, der von uns die meisten Erfahrung hatte, versteckte sich in einem der seitlichen Lüftungsschächte neben dem meinen.
“Wir müssen hier raus!”

“Wie?” rief ich zurück. “Auf unseren Händen und Knien? Wir sind durchlöchert, bevor wir auch nur zwei Meter weiter wären.”

“Dann überleg dir was!” Morgan setzte sein Gewehr ab und drehte es so, dass es diagonal nach unten zeigte. Die Waffe passte auf diese Weise gerade so in den Schacht. Er drückte den Abzug und ließ es dann durch Rückstoß zur Seite schnellen, während es noch immer Kugeln ausspie. Ich hörte Schreie von unten, dann wurde das Feuer erwidert.

Wir saßen fest.

Ich musste uns hier raus holen und das schnell. Als ich mal beinahe mit Schmuggelware gefangen worden wäre, hatte ich diese Schächte verlassen, indem ich den Feueralarm auslöste.

An der Decke über uns verlief ein Bündel Kabel. Ich zog ein kleines Messer aus dem Ausrüstungsgürtel des Raumanzugs und schnitt zwei davon durch, wieder einmal dankbar dafür, dass der Anzug isoliert war. Ich verband sie und wurde nur mit sprühenden Funken belohnt. Schnell schnitt ich zwei weitere Kabel durch und verband sie. Dieses Mal begannen die Lichter aufzuleuchten und eine Sirene irgendwo in der Nähe zu klingeln.

Der einfachste Weg, ein Feuer auf einem Raumschiff zu löschen, ist, es im kalten Vakuum des Weltraums zu ersticken. Metallplatten senkten sich über die Gitter, versiegelten sie so dicht wie möglich und dann erschien am hintersten Ende des Tunnels ein nadelloch-großer Lichtpunkt, als die Außentür geöffnet wurde. Sofort begann die Luft um uns herum zu pfeifen und ich spürte, wie sie mich mitzog. Mein Raumanzug schrammte am Metall, als ich gegen die Wände und Decke geschleudert wurde.

Dann war ich im Weltraum.

Ein Sternenbild wirbelte um mich herum, danach kam die Station wieder in mein Blickfeld. Ich konnte mich selbst hyperventilieren hören, als ich erkannte, dass ich in Richtung eines Tausende Kilometer entfernten Planeten fiel. Eine Metallantenne erschien in meinem peripheren Sichtfeld und ich griff mit meiner Hand danach. Mein Griff war so fest, dass ich mir fast den Arm aus der Halterung gerissen hätte.

Dann tauchte ein bläulicher Blitz auf, ich griff blind mit meiner anderen Hand danach. Wie durch ein Wunder erwischte ich Morgans Hand und hielt sie fest. Ich schwang ihn zu der Antenne neben mir. Morgan, der sich im Weltraum wohler fühlte als ich, nutzte den Schwung, um mit den Füßen voran zu landen und seine magnetischen Stiefel daran festklammern zu lassen. Ein weiterer Körper kam trudelnd in unsere Richtung und ich konnte die Schreie über Funk hören. Morgan streckte seine Hand aus, traf dabei aber nur Relics Hüfte, wodurch er weiter von uns weg wirbelte. Ohne zu zögern, drückte er ein Ende des Gewehrs in meine Hand, stieß sich von meinem Knie ab und drehte sich dabei um sich selbst. Seine Füße trafen die Brustplatte des Raumanzugs und die magnetischen Stiefel rasteten an dem Metall-Plastik-Kunststoff ein. Ich spürte einen enormen Zug am Gewehr und für einen Moment schien es sich wie eine Nabelschnur zwischen uns auseinanderzuziehen. Dann ließ er nach und ich konnte beide zurückziehen.

Dem nächsten Raumanzug folgte eine Wolke aus roten und silbernen Kristallen und als sich die Brust in das Blickfeld drehte, konnte ich mehrere große Löcher erkennen, aus denen keine Luft mehr strömte. Für Pike war es zu spät.

“Nylund,” hörte ich Morgans Stimme über Funk, “wir haben ein Problem.”

Relic wurde angeschossen. Die Kugel hatte ihn zwar verfehlt, dafür aber für einen tiefe Riss in seinen Anzug gesorgt, aus dem pulverförmig Luft in das Nichts strömte. Ich hatte keinen Patch dafür und außerdem wäre sowieso nicht genug Zeit gewesen, ihn anzubringen. Relics Augen waren geweitet und er geriet in Panik, als er verzweifelt versuchte, die entweichenden Luftkristalle vergeblich zurück in seinen Anzug zu stopfen. Seine Temperaturanzeige stürzte rapide ab und die Venen auf seinen Wagen röteten sich in einem verworrenen Muster.

Ich wollte etwas sagen, um ihn zu beruhigen, aber ich stellte fest, dass ich nur über ihn wusste, dass er uns bei unserer ersten Begegnung beinahe mit einer Reparaturwaffe umgebracht hätte. Mir ist nichts Besseres eingefallen, als seine Hand fest zu drücken und zu flüstern, dass alles ok war. Immer und immer wieder. Es war okay.

Seine Wangen und Nase waren bereits schwarz und seine Lungen hob sich für Luft, die nicht mehr da war. Seine Augen fanden die meine und verharrte dort für eine gefühlte Ewigkeit. Ich wusste nicht genau, wann er starb. Ich bin mir nicht sicher, ob man das jemals weiß.

Morgan und ich versteckten uns im Schatten der Treibstofftanks, als Piratenjäger nahe der Hülle vorbeiflogen, um nach Überlebende zu suchen. Zwei schnelle Feuerstöße ließen erkennen, dass sie die Körper von Relic und Pike lokalisiert hatten. Es war eine Einäscherung der grausamsten Art.

Wir warteten für mehrere Stunden, bevor wir Konicek das Signal gaben, mit den Jägern und dem Transporter zu kommen. Sobald sie die Sicherheit des Frachtraums C verließen, hätten wir nur wenige Minuten, um sie zu betanken, bevor die Instrumente der Piraten sie erfassen würden.

Danach wäre jeder sich selbst der Nächste.

 

Quelle: RSI
Übersetzung & Korrektur: StarCitizenHQ (Chase Hunter) & StarCitizenBase.de (Priar)

Priar

Sic itur ad astra.

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