Orbital Supermax: Episode VIII

In Kooperation mit dem StarCitizenHQ veröffentlichen wir jeden Sonntag eine übersetzte Folge der Spectrum Dispatch Geschichten.

Diese Woche geht es mit Episode VIII der Kurzgeschichte Orbital Supermax von Jordan Ellinger weiter.

Hier geht’s zu den restlichen Episoden: I, II, III, IV, V, VI, VII, VIII, IX, X, XI

Und jetzt wünschen wir Euch viel Spaß beim Lesen!


Orbital Supermax: Episode VIII

Aus ausreichender Distanz wirkt ein Raumkampf wie sich duellierende Glühwürmchen. Die Raumschiffe verliefen sich im grellen Licht ihrer Triebwerke, weshalb alles, was man sehen konnte, nur kleine Lichtpunkte waren, die vor einer sternenklaren Kulisse hin und her huschten und nur gelegentlich von heftigen Explosionen unterbrochen wurden.

“Sie schießen die Rettungskapseln ab,” sagte ich zu Morgan, als ich verstand, was da gerade passierte.

“Ich vermute, das erklärt, warum wir nur auf so wenige Wachen gestoßen sind. Oder Service Personal,” sagte Morgan achselzuckend. “Dennoch müsste man doch davon ausgehen, dass sie sie lieber an Board bringen würden, als sie abzuschießen. Sie sind doch Kannibalen, oder nicht? Es dürfte schwierig werden, interstellaren Staub zu verspeisen.”

Schwarzer Humor, aber den brauchten wir. Wir hatten den Flügel mit den politischen Gefangenen hinter uns gelassen und fanden zeitweise Zuflucht in dem Frachtraum, in dem ein paar eingemottete Raumschiffe standen. Dort begegneten uns auch ein paar Überlebende des Angriffs – angehende Techniker, die von Herschel Konicek angewiesen wurden, die Jäger wieder auf Vordermann zu bringen, eine alte Cutlass und eine noch ältere Hornet.

“Ich habe schlechte Neuigkeiten, Sir,” sagte ein junger Techniker in einem ölverschmierten blauen Overall. Er hatte mich nicht wegen meines Rangs angesprochen, der gar nicht erkenntlich war, da ich zivile Kleidung trug, sondern weil ich der Einzige in der Gruppe war, der kein Gefängnis-Orange trug. “Ich habe zufällig gehört, … äh,” verlegen deutete er mit dem Finger, den er hinter seiner anderen Hand versteckte, auf einen der Gefangenen. Ich nannte ihm seinen Namen ‘Flint’. “… Ja, ähm, Flint, er sagte, sie hätten vor, mit diesen Schiffen zum Sprungpunkt des Systems zu fliegen?”

Ich bestätigte es ihm und merkte an, dass ich ihnen unsere Pläne bereits keine zwei Tage zuvor dargelegt hatte. “Ja,“ erwiderte er nervös, “nun, das sind Jagdschiffe. Das heißt, sie wurden für hohe Geschwindigkeiten modifiziert. Die Stationsleitung braucht, ähm, brauchte sie, um fliehende Schiffe abzufangen. Sie können allerdings keine Quantum-Geschwindigkeit erreichen. Sie werden Sie auf halber Strecke erwischen.“

„Gute Nachrichten, schlechte Nachrichten,“ warf Morgan ein. „Geschwindigkeit ist ausschlaggebend, um eine Blockade zu durchbrechen.“ Er warf einen kurzen Blick auf das große, rechteckige Vehikel, das in der Nähe der Jäger stand. Von einem Schweißgerät, das für die Reparatur einiger Panzerungsplatten verwendet wurde, flogen Funken ab. „Was ist mit dem Transporter? Können wir den nehmen?“

„Sicher,“ antworte der Techniker, langsam genug, um anzudeuten, dass das nicht alles ganz sicher war. „Das bringt uns aber zu einem weiteren Problem. Keines dieser Schiffe sollte fliegen. Auch mit der Hilfe von Herrn Konicek, glaube ich nicht, dass sie es werden. Selbst wenn wir die Systeme wieder zum Laufen bringen könnten, es gibt nicht einmal genug Treibstoff, um eines der Schiffe bis zum Sprungpunkt zu bringen, geschweige denn von allen drei.“

Morgan überdachte das für einen Moment. Dann klopfte er mir auf den Rücken, das für mich ein Vorbote des Unglücks geworden ist. “Nun, wie es der Zufall so will, ist unser furchtloser Anführer der frühere Quartiermeister dieser Station. Wenn jemand weiß, wo wir Treibstoff herbekommen, dann er.”

“Natürlich. Ich weiß, wo es Treibstoff gibt“, erwiderte ich. “Auf dem Flugdeck, wo er auch hingehört. Wir werden uns nur durch ein paar hundert Piraten kämpfen müssen, um dorthin zu kommen.“

Natürlich änderte nicht einmal der schlagfertigste Konter der Welt die Tatsache, dass wir wirklich Treibstoff brauchten. Und nachdem ich ein paar Stunden über das Deck gelaufen bin, kam ich mit einem Plan zurück. Ich stellte schnell unsere „Eingreiftruppe“ zusammen, indem ich die sechs Ex-Häftlinge zu mir rief, die uns schon den gesamten Weg von der Waffenkammer begleiteten. Hauptsächlich, weil sie für die Reparatur der Jäger nutzlos waren und etwas anderes zu tun brauchten.

“Wir brauchen Treibstoff. Und Kilkenny und seine Männer haben entweder alles konfisziert oder alles, das sie gefunden haben, in die Luft gejagt. Es gibt aber noch eine alternative Treibstoffquelle, die meines Wissens nach noch verfügbar ist.“ Ich bereitete mich auf Einwände vor, bevor ich fortfuhr. „Die Positionstriebwerke der Station. Sie haben riesige Treibstofftanks und sind immer gefüllt. Alles was wir tun müssen, ist, eine der Kraftstoffkapseln loszulösen und hierher zu bringen.”

Obwohl Relic die meiste Zeit der letzten zwei Tage reichlich von den Vorräten der Station gefuttert hatte, war er noch immer der dünnste Mann, den ich je gesehen habe. Er stand da mit einer Tube Nährstoffpaste und drückte sich etwas in seinen Mund. Er sprach, bevor er es runtergeschluckt hatte. “Was, wenn wir die Station nicht verlassen wollen?“

Das brachte mich aus dem Konzept. “Was?”

„Wir könnten hier bleiben. Wie haben genug Lebensmittel und Wasser und das Schott könnte versiegelt werden. Sobald dieser Kilkenny den Mann findet, nach dem er sucht, werden die Nova Dogs verschwinden.“

Bevor ich dazu kam, fing Morgan an zu sprechen: “Verstehe ich das richtig? Ein Haufen Gefangene, die nicht aus dem Gefängnis fliehen wollen? Ich weiß, vorausschauendes Denken ist nicht deine Stärke, Relic, aber wie lautet dein Plan für die Zeit, wenn Kilkenny verschwunden ist? Auf die Behörden warten, um zurück in deine Zelle zu wandern? Was, wenn Kilkenny die Station gar nicht verlässt? Er wird die Station auf der Suche nach diesem Martin Browning auf den Kopf stellen. Und wenn das bedeutet, einige Türen aufbrechen zu müssen, wird ihn diese Versiegelung nicht aufhalten.“

Relic war unverdrossen. “Dann muss eben jemand diese Jäger bewachen.” Er setze sich wieder hin und verschränkte die Hände hinter seinem Kopf. “Wir auf sie aufpassen, bis ihr zurück seid.”

Ein anderer Gefangener, tätowiert mit Glatze, Bauchansatz und Stoppelbart erhob sich langsam und unheilvoll. Flint war der Mann, den die Techniker am meisten fürchteten und das aus gutem Grund. Er sprach nur selten, aber wenn er es tat, klang alles, was er sagte, furchteinflößend. „Ich traue den beiden Kerlen nicht zu, dass sie das alleine schaffen. Und ich traue euch Kerlen nicht zu, diese Schiffe zu bewachen. Wir gehen mit ihnen und ich werde jeden Mann umbringen, der das Gegenteil sagt.

Selten war ich einem verurteilten Mörder so dankbar gewesen. Unter seinem wachsamen Blick wurden die fünf verbliebenen Ex-Häftlinge aus ihrem Unterschlupf zum Aufzug geführt, damit die Techniker und Herschel Konicek in Ruhe ihre Arbeit erledigen konnten. “Glaubst du, sie werden noch hier sein, wenn wir zurückkommen?” fragte ich Morgan.

“Das werden sie,“ antwortete er. „Auf Herby ist Verlass.“

‚Herby‘ war verrückt, aber ich traute Morgen und das bedeutete, dass ich im weitesten Sinne auch dem Irren traute.

Wir befanden uns genau in der Mitte zwischen den beiden Positionstriebwerken. Um einen davon zu erreichen, mussten wir das Besucherzentrum passieren und ich war mir ziemlich sicher, dass Kilkenny dort seine Operationsbasis aufgeschlagen hat. Die Idee, Relic und seine Kumpels direkt unter der Nase des Anführers der Nova Dogs und seiner Männer vorbeischleichen zu lassen, fand ich nicht sonderlich reizvoll. Außerdem jagte mir Kilkenny eine Heidenangst ein, also strich ich diese Idee von meiner Liste. Schließlich stoppte der Aufzug und eine Anzeige blinkte auf, um uns zu sagen, dass der Schacht blockiert war. Wir öffneten die Türen und hörten ein Zischen, als die Luft in das Vakuum des Weltraums gesogen wurde. Wir befanden uns zwischen zwei Etagen. Ich konnte nur den unteren Teil der Buchstaben erkennen, die das Wort „Kommando“ auf der Seite des Schachts bildeten. Wir hatten unser Ziel erreicht.

Wir waren unsere Waffen durch die schmale Öffnung und kletterten einen nach dem anderen in das Kommando-Deck hinauf. Ich war hier bereits zahlreiche Male, aber ich konnte hören, wie einige der Gefangenen pfeifend ausatmeten. Das OSP-4 war kein kleines militärisches Schiff mit einem engen, geschlossenen Raum. Das Kommando-Deck sah eher wie ein Flur in einem Bürogebäude aus. Zahlreiche Videobildschirme hingen an jeder Wand, die meisten waren durch die explosionsartige Druckabnahme zertrümmert. Scherben aus durchsichtigem Plexiglas trieben durch die Schwerelosigkeit wie Wassertropfen aus gefrorenem Regen. Regenbögen erschienen an den Wänden, als das Licht der nahegelegenen Sonne durch einen gezackten Riss in einer der Wände schien. Ich ging weiter und fühlte bei jedem Schritt eine schwache Anziehung durch meine magnetischen Schuhe.

Ich höre Morgan verzerrt über Funk. ”Das ist es also? Die ganze Station wird von einem Haufen Sesselfurzer geleitet.“

Relic klang genauso beleidigt. “Das ist eine Kaffeemaschine…” Er gab dem beleidigenden Haushaltsgerät einen Stoß, wodurch es sich um seine Achse drehte und dabei Kristalle aus gefrorenem Kaffee und Sahne verlor.

“Ich habe es verstanden. Man achtet nicht auf den Mann hinter den Kulissen und so weiter. Können wir jetzt weitergehen?“

Ich ging zu dem Loch in der Wand und stoppte. Ein blauer Uniform-Stofffetzen hing an dem verbogenen Metall. Darunter trieben die schockgefrorenen Teile einer Person. Ich wandte meinen Blick ab, bevor ich erkennen konnte, wer es war. Stattdessen achte ich darauf in gebührendem Abstand aus dem gezackten Loch nach draußen zu blicken. Es war lediglich die konvexe Form der Schubdüsen erkennbar.

Ich drehte mich rechtzeitig um, um zu sehen, wie Flint mit der Rückseite seiner Hand eine Tastatur berührte.

„Hey!“ Sagte ich ein wenig zu energisch. Ich änderte meinen Tonfall schnell, als mir einfiel, mit wem ich da sprach. „Das mag vielleicht wie eine Büroetage aussehen, aber eigentlich ist es das Nervenzentrum eines Hochsicherheitsgefängnisses. Es gibt hier Sicherheitsmaßnahmen. Gefährliche Sicherheitsmaßnahmen. Denkt daran… die UEE verhandelt nicht mit Terroristen.“

Ich konnte Flints Gesicht durch die Kuppel seiner Frontblende kaum sehen, nicht genug, um seinen Gesichtsausdruck zu erkennen, aber er nahm seine Hand weg.

Plötzlich piepste mein Comm auf und ein rotes Licht begann in meinem Helm aufzuleuchten. „Was hast du getan?“ fragte ich Flint schnell.

Er zuckte mit den Achseln.

Eine tiefe Stimme kristallisierte sich aus dem Rauschen, eine Stimme, die eine schwache Betonung auf die falschen Silben legte, so als ob der Mund, der sie sprach, nicht richtig funktionierte.

Bewohner von OSP-4. Ihr habt mich sehr enttäuscht.

„Das ist Kilkenny,“ sagte Relic.

„Weiß ich. Halt die Klappe.“

Ich hatte gehofft, es gäbe hier unter euch einen Mann, der sich über seinesgleichen erheben wolle, aber das scheint nicht der Fall zu sein. Die natürliche Selektion scheint ein langsamer und lästiger Prozess zu sein, also gebe ich jetzt das Signal und teile euch damit euer Ende mit. Falls Martin Browning seinen Tod nicht wie ein Mann empfängt, werde ich ihn ihm wie ein Gott liefern.

Die Beleuchtung in meinem Anzug flackerte kurz und erlosch dann ganz.

Auf einmal hob sich unerwartet ein Teil des Bodens und katapultierte Relic in die Luft. Seine magnetischen Stiefel hielten für eine            spärliche Sekunde, gaben ihn dann frei und ließen ihn dadurch eine unkontrollierte Rolle machen. Weil wir ihm alle zusahen, bemerkte keiner den Waffenturm, der aus dem Bodenstück fuhr, das Relic in die Luft geschleudert hatte. Vielleicht hatte Kilkenny die Abwehrmechanismen des Gefängnisses aktiviert oder Flints Berührung der Tastatur hatte die Dinge ins Rollen gebracht, die schlecht für ihn enden würde. Es war egal. Ich hatte gerade meine Augen gesenkt, um den Knopf zu finden, mit dem das Comm aktiviert wurde, als ich bemerkte, wie sich der Geschützturm in die Richtung von Flint drehte.

Der Schuss fiel unglaublich schnell und ich konnte die Verwundung von dort, wo ich stand, nicht erkennen. Flints Unterkörper blieb mit seinen Magnetstiefeln am Boden verankert, sein Oberkörper aber fing an herumzutreiben.

“Wir müssen weg!” rief ich. Ich griff mir die treibende Kaffeemaschine aus der Luft und schleuderte sie in Richtung des Geschützturms, in der Hoffnung er würde sie verfolgen.

Morgan schnellte herum und wusste genau, was er da ansah. ”Los, los, los, los!” Er feuerte einige Schüsse auf den Turm ab, allerdings waren die Waffen, die uns die Tevarin übrig gelassen hatten, bestenfalls minderwertig und schafften es nicht, seine Panzerung zu durchdringen. Blitzartig fuhr der Turm herum, feuerte dreimal auf die Kaffeemaschine und hinterließ nicht mehr als einen Sprühnebel aus geschmolzener Schlacke.

Ich erreichte den Aufzug, warf meine Waffe durch den schmalzen Spalt und rutschte dann selbst hindurch, indem ich mich durch den schmalen Raum zwischen den Etagen drehte. Meine magnetischen Stiefel hakten sich automatisch am Fußboden des Aufzugs ein und zwangen mich zu einer schnellen Duckbewegung, als Morgan durch die Öffnung hinter mir gerutscht kam. Zusammen zogen wir zwei weitere Männer in den Aufzug. Als niemand mehr kam, riskierte ich einen kurzen Blick über die Kante der Etage. Drei Körper wirbelten mit durchlöcherten Raumanzügen durch die Luft des Kommando-Decks. Der Geschützturm schwenkte in meine Richtung und ich starrte plötzlich für einen beängstigenden Augenblick in dessen Lauf, bevor ich mich wieder wegduckte und auf den Abwärtsknopf hämmerte.

 

Quelle: RSI
Übersetzung: StarCitizenBase.de (Priar)
Originalübersetzung: StarCitizenHQ (Paladin (SHOD) und Chase Hunter)

Priar

Sic itur ad astra.

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