The First Run: Episode One

Als ich mich in den olivgrauen Sitz fallen ließ und mir den Gurt um die Brust schlang, fielen mir die letzten Worte meines Vaters ein, die er mir nachrief, als ich die “Goldene Horde”, die Bar meines Vaters, verließ.

Es gibt niemanden, der sein Glück im All versucht hat, und es hinterher nicht bereut hat. Da oben treiben sich nur Kriegshetzer und Diebe rum. Nichts, das es wert ist zu kennen. Wenn du deine Abenteuer erlebt hast, komm nach Hause. Ich halte dir einen Platz hinter der Bar frei, für den Tag, an dem es in deinen Dickschädel gedrungen ist.”

Sogar als ich noch versuchte, den Gurt möglichst straff zu ziehen – es passten zwei von meiner Statur hinein – konnte ich noch den sarkastischen Unterton in der Stimme meines Vaters hören, als er das Wort “Abenteuer” aussprach. Es hörte sich an, als ober er in einen vermeintlich knackigen Apfel biss, nur um festzustellen, dass dieser nach Dung schmeckte.

Beim Warten auf den letzten Passagier zitterte ich vor Kälte und rieb mir die Arme, um mich zu wärmen. Es war hier so kalt wie in meinem Bierkühlschrank zu Hause.

Ich hatte meinen Lieblingswollpullover, den mir mein Onkel Cab gegeben hatte, angezogen, um die Kälte aus meinen Knochen zu vertreiben, aber auch das war nicht genug. Der Pullover hatte die Farbe eines Sonnunterganges, etwas von dem ich wusste, dass ich es vermissen würde, während ich als Kurier für den “FTL Courier Service” durch die Dunkelheit des Alls reisen würde.

Der letzte Passagier war die Wartezeit hoffentlich wert.

Aber weder die Kälte noch das Echo der Stimme meines Vaters oder das Warten auf den letzten Passagier konnte meine Begeisterung dämpfen.

Ich war endlich im Weltraum!

Nach all dem Streit mit meinem Vater, dem Zusammenkratzen des Geldes durch meine Trinkgelder, den Einstufungstests, dem Schlafen in harten Betten während des Trainings in der FTL Niederlassung hier auf Castra II hatte ich es endlich geschafft.

Ich glitt mit den Fingerspitzen entlang eines Risses zwischen zwei Platten, der die sonst glatte Wand trennte. Die “Solar Jammer”, eine für den gewerblichen Transport modifizierte Caterpillar, war kein Vergleich zu einer sexy schlanken Idris aber sie war wie ein erster Kuss. Es war nicht das Aussehen das zählte, es war die Erfahrung selbst.

Ich fing an, mich auf meinem Platz wohlzufühlen, als ich mir wieder etwas einfiel. Ich hätte beinahe vergessen, dass ich vorhatte, wenn möglich alles von meiner ersten Reise aufzunehmen. Das Video würde ich später meinem Vater zukommen lassen und ihm beweisen, dass nicht jeder im All ein Dieb war und man nicht ständig in eine Raumschlacht verwickelt wurde.

Also befestigte ich die Kamera an den Gurten meines Rucksacks und überprüfte mit meinem persönlichen MobiGlas die Aufnahme. Als ich fertig war, legte ich sie wieder zurück auf den Boden des Rucksacks. Der FTL Kurierdienst war nicht wirklich begeistert davon, dass wir persönliche Sachen mitnahmen, hatten aber auf der anderen Seite etwas dagegen, wenn wir eigene Software auf firmeneigener Hardware laufen ließen. Ich hielt es für einen guten Kompromiss.

Ich überprüfte gerade mein Firmen MobiGlas auf neue Nachrichten, als der letzte Passagier eintraf.

Er duckte sich unter der Handgepäckablage und schenkte mir ein Lächeln, das den Teufel stolz gemacht hätte.

Er war ein gutaussehender Mann, aber nicht auf die Art, wie man sie auf den Holovideos sah. Er hatte eine Narbe auf seiner Lippe, die sein Lächeln zu einem halben Grinsen und einer halben Verhöhnung machte.

Aus seinem guten Aussehen und dem Kleidungsstil schloss ich, dass er Verkäufer war. Ich hasste Verkäufer. Sie kamen immer in die Bar und benahmen sich, als ob der Laden ihnen gehörte. Sie taten so, als ob sie etwas Besseres wären. Wahrscheinlich waren sie Citizen.

(Citizen wird man u.a., wenn man den Militärdienst abgeschlossen hat, über andere Möglichkeiten wurde bisher nur diskutiert. Mir ist aber nicht bekannt, inwiefern die Diskussion abgeschlossen ist.)

Ich beschloss, dass es gut so war. Der Kurierdienst hielt es für besser, wenn wir auf unseren Reisen den Mund hielten. Es machte keinen guten Eindruck bei potentiellen Kunden und schuf nur Sicherheitsrisiken. Also machte ich mich wieder an meinem MobiGlas zu schaffen und überprüfte meinen Transport und meine Kontakte auf Oya. Ich hatte sieben Tage Zeit, um die Dateien auf meinem mobiGlas der “WillsOp Corporation” zu übergeben. Das war mehr als genug Zeit, aber ich hatte vor, das Ganze in einem Drittel der Zeit zu erledigen, um einen guten Eindruck bei meinem Arbeitgeber zu hinterlassen.

Dann brachte der Copilot eine Transportbox für Tiere zu dem Mann mir gegenüber und schnallte diese am Sitz fest.

Große braune Augen, die mit Gold umrandet waren, starrten mich aus dem Käfig heraus an.

“Ist das ein Rotschwanzluchs?” sprudelte es aus mir hervor, bevor mir einfiel, dass ich lieber den Mund halten sollte.

Der gutaussehende Passagier stellte den Gurt für sich ein, als ich mit meiner Frage kam. Mit einer hochgezogenen Augenbraue blickte er auf.

Also gut, dachte ich bei mir, dein Vater hat dir ja schon immer gesagt, dass du deinen Mund nicht halten kannst.

“Ich hatte einen, als ich ein Kind war, es gibt aus dieser Zeit kein Bild von mir ohne Sascha” sagte ich zu ihm.

“Sascha?” Fragte er mit melodischer Stimme. “Ich nehme an, das ist der Name des Luchses?”

Ich nickte. “Tierzüchter?”, fragte ich.

Er sah mir direkt in die Augen. Seine, grau mit grünen Flecken, sahen aus wie Augen, die schon viel gesehen hatten.

“Wie kommen Sie darauf? Warum nehmen Sie nicht an, dass es mein Haustier ist?” fragte er, während sich um seinen Mund herum kleine Falten bildeten.

“Meine Eltern haben eine Bar im Norden auf Castra II. Dort habe ich alle möglichen Typen getroffen und einzuschätzen gelernt, und Sie machen auf mich nicht den Eindruck, als wären sie jemand, der sich einen Rotschwanzluchs zum Haustier hält.”

Als schien das Tier zu ahnen, dass wir über es redeten, presste der Luchs sein pelziges Gesicht gegen die Gitterstäbe des Käfigs.

In dem Moment, als ich mich vorbeugen wollte, um die grauen Haarbüschel zu streicheln, die an seinen Ohren hervorstanden, kam die Durchsage des Kapitäns, in der er ankündigte, dass wir die Station verlassen und uns auf den Weg zum Sprungpunkt machen würden.

“Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet” sagte ich.

Der Mann gab ein kurzes, ungläubiges Lachen von sich. “Sie sind ein ganz Unverfrorener. Ihnen ist aber schon bekannt, dass sich Menschen in der Regel erst vorstellen, bevor sie sich gegenseitig ausfragen? Mein Name ist im übrigen Dario Oberon.”

Die “Solar Jammer” schlingerte, als sie die Station verließ, und ich spürte, wie sich die Schwerkraft auf die Schiffssysteme verlagerte.

“Namen sind für mich Schall und Rauch. Das liegt wohl daran, dass ich die meiste Zeit als Barratte verbracht habe. Die eine Hälfte meiner Kunden nannte einen falschen Namen und die andere Hälfte hatte ihren Namen nicht verdient. Ich heiße Sorri Lyrax, wenn Sie es genau wissen wollen.”

Er lächelte herzerwärmend.

“Sorri? Geburtsname oder verdienter Name?”, fragte er mit einem Augenzwinkern.

“Beides”, antwortete ich und hob die Schulter zu einem Achselzucken. “Und die Antwort?”

Die “Solar Jammer” neigte sich und nahm Kurs auf den Sprungpunkt, wobei sie mich in meinen Sitz und Dario in den Gurt presste.

“Ein Geschenk.”

Er zwinkerte.

‘Nicht für eine Freundin’, dachte ich. “Ein Unternehmen? Etwas, um die Räder zu schmieren, würde ich sagen.”

Dario beugte sich vor, runzelte die Stirn. “Wie kommen sie darauf, Sorri Lyrax?”

“Tiere sind grauenhafte Geschenk für eine Freundin, und sie machen mir nicht den Eindruck, als ob Sie solche Anfängerfehler begehen. Was das Geschäftliche betrifft, war es die Art, wie Sie dem Copiloten die Hand schüttelten, als er den Luchs brachte. Ich habe diese Art von Lächeln und festen Händedruck schon hundert Mal gesehen. Zunächst habe ich vermutet, Sie sind Verkäufer, aber ihre Selbstsicherheit ist real, und nicht aufgetragen, wie es oft der Fall ist.”

Er schüttelte den Kopf. “Das alles haben Sie in den wenigen Augenblicken erkannt?”

“So wie ich aufgewachsen bin, habe ich gelernt, hinter die Fassade der Menschen zu blicken.” sagte ich.

Ein Teil in meinem Inneren schrie, ich solle den Mund halten, der andere Teil liebte es, Dario zu beeindrucken. Mein Vater hielt mich immer im Hintergrund und ließ die Kunden reden. Es war schön, auch mal vor der Theke zu stehen.

“Außerdem glaube ich, dass Sie ohne Gepäck unterwegs sind. Sie beschäftigen sich mit geistigem Eigentum”, sagte ich. “Wahrscheinlich mit so etwas lukrativem wie Schiffdesigns.”

Das Funkeln verschwand aus seinen graugrünen Augen und wich einem Blick, der so kalt war wie das Weltall. Mir wurde klar, dass ich zuviel gesagt hatte, aber der eisige Blick verschwand ebenso schnell wie er gekommen war, und das schelmische Lächeln nahm wieder seinen vertrauten Platz ein.

Dario Lächeln zeigte seine Zähne. “Jetzt, da wir Reisegeschwindigkeit erreicht haben, möchten Sie den Luchs streicheln? Sie ist ganz fügsam.”

“Das würde ich gerne”, sagte ich und bemerkte, dass er geschickt das Thema gewechselt hatte, und erinnerte mich daran, dass ich geschäftlich unterwegs war und irgendwelche Verwicklungen das Letzte waren, wo ich hineingezogen werden wollte.

Dario überreichte mir den Luchs, wobei er vorsichtig darauf achtete, ihn nicht fallen zu lassen. Der Luchs wickelte seinen roten Schwanz um meinen Arm und schmiegte seinen Kopf unter meine Achselhöhle. Ich würde überall Luchshaare auf meinem Pullover haben, wenn wir ankamen, aber das war mir egal.

Mit dem warmen Körper des Luchses auf meinem Schoß und dem beruhigenden Gefühl, das seidige Rückenfell mit meinen Fingern zu kämmen, dauerte es nicht lange, bis ich einschlief und die Aufregung meiner ersten Reise zu verblassen begann.

Als ich aufwachte, zerrte Dario mir den Luchs aus meinen Armen. Außerhalb der “Solar Jammer” kam der orangeblaue Planet von Oya III in Sicht. Ein massiver, zyklonartiger Sandsturm tobte über der großen Desolation auf dem nördlichen Kontinent. Dem Sturm wurde nachgesagt, dass er seit drei Jahrzehnten dort wütete. Zum Glück würde ich auf einem grünen Fleck auf der südlichen Hemisphäre landen, in der Metropole New Alexandria.

Als wir ankamen, war Dario mit seinem mobiGlas beschäftigt, so dass ich mich nicht weiter um ihn kümmerte. Ich musste meine Fahrt entlang der Gravitationssenke hinunter zur Oya III Oberfläche bestätigen. Ich hatte ein Schnäppchen gemacht und mich als überzähliger Passagier angemeldet, aber musste mich beeilen, wenn ich den “Lander” rechtzeitig erreichen wollte. Super-Economy gab keine Garantie auf einen Sitzplatz.

Während ich aus der “Solar Jammer” ausstieg, war Dario vorausgegangen, was mich ein wenig traurig stimmte. Angesichts der Größe der UEE war die Wahrscheinlichkeit, ihn wiederzutreffen, sehr gering.

Der antiseptische Geruch und die hellen, farblosen Fliesen der Zollbehörde überwältigten meine müden Sinne. Als ich die graugrün-uniformierten Beamten erreichte, löste ich die Riemen meines Rucksacks und holte meine Papiere sowie das FTL Kurier Paket heraus und übergab es bereitwillig den Beamten.

Ich ging durch einen Körperscanner. Der gab ein starkes Brummen von sich, das nur schwer zu hören, aber umso stärker als Vibration an den Zähnen zu spüren war. Ich hielt meinen Ausweis einem breitschultrigen und scheinbar gelangweilten Wachmann entgegen.

Sein mobiGlas gab einen hellen Signalton von sich und sein Gesichtsausdruck wechselte von Langeweile über Unmut zu Ärger. Noch bevor ich reagieren konnte, packte er meinen Arm mit eisernem Griff so fest, dass ich mit Sicherheit einige blaue Flecken davontragen würde.

“Das ist ein Sicherheitsalarm”, sagte er und starrte mich zornig an. “Sie kommen jetzt mit.”


Quelle: RSI
Übersetzung: Tilgorn (star-citizens.de)
Korrektur: StarCitizenBase
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Priar

Sic itur ad astra.

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