Orbital Supermax: Episode X
In Kooperation mit dem StarCitizenHQ veröffentlichen wir jeden Sonntag eine übersetzte Folge der Spectrum Dispatch Geschichten.
Diese Woche geht es mit Episode X der Kurzgeschichte Orbital Supermax von Jordan Ellinger weiter.
Hier geht’s zu den restlichen Episoden: I, II, III, IV, V, VI, VII, VIII, IX, X, XI
Und jetzt wünschen wir Euch viel Spaß beim Lesen!
Orbital Supermax: Episode X
Ich habe bereits Jäger geflogen, die mitten im Kampf aufgetankt wurden. Man ist leichte Beute, wenn man für wertvolle Minuten neben einem Tanker steht, der in Wirklichkeit nicht mehr ist, als ein explosiver Metallklumpen, der jederzeit hoch gehen kann. Egal wie intensiv das Kämpfen wird, du bist wie gelähmt, während sich die Treibstoffanzeige langsam füllt. Dein Vogel braucht Treibstoff. Es ist die einzige Konstante im Kampf.
Es ist das Ausgeliefertsein, das am meisten stört.
Auf dem Rumpf der Orbital Supermax wurde mir die wahre Bedeutung des Ausdrucks „leichte Beute sein“ klar. Wir tankten nicht einfach nur einen Jäger nach. Wir saugten Treibstoff aus einer der Manövrierdüsen der Station ab, um zwei Jäger und den Tanker zu befüllen, den Herschel Konicek um die Station herum von Frachtraum C hierher geflogen hatte. Und anstatt vor normalen Feinden versteckten wir uns vor den Nova Dogs, einem Haufen Piraten, die von Kapitän Martin Kilkenny angeführt wurden, einem Kannibalen, der gedroht hatte, jeden Gefangenen auf der Supermax zu verspeisen.
Als erstes haben wir die Jäger befüllt und Wes Morgan flog mit der Hornet einen weiten Bogen, in der Hoffnung die Nova Dogs von unserer Nachtank-Aktion abzulenken. Ich saß in der Cutlass. Es war eine Weile her, seit ich eine geflogen habe, aber die Erinnerungen kamen schnell zurück. Schub, Fluglage, Waffenkontrolle. Check.
“Ein Gegner, unterhalb 12 Uhr,” funkte Konicek vom Tanker. Ich blickte Richtung zwölf Uhr und dann nach unten. Aus purem Pech hatte ein einzelner Nova Dog Jäger uns irgendwie erfassen können, obwohl wir uns nahe an der Stationshülle befanden.
“Ich seh’ ihn,” antwortete ich, während ich die Systeme der Cutlass hochfuhr. Eine Start-Checkliste erschien im HUD, die ich aber übersprang, um sie sofort von der Station weglenken zu können.
“Ich brauche ungefähr zwanzig Minuten,” sagte Konicek über Funk. Ich seufzte. Er hätte genauso gut einen Tag angeben können. Ich glaubte nicht, dass wir überhaupt ein Zeitfenster hätten.
Der Nova Dog schien nicht sonderlich beunruhigt zu sein, als ich mein Schiff in seine Richtung lenkte. Ein Funkspruch ging durch das Comm ein. Nach drei Tagen der Belagerung konnte ich mir gut vorstellen, dass sie beim Anblick eines nicht identifizierten Schiffes verwirrt waren. Das Flugdeck war zerstört und mit ihm die beiden funktionierenden Jäger. Sie hatten keine Ahnung, dass es uns gelungen war, die beiden eingemotteten Jäger, die schon länger im Lager waren als ich auf Station, zu reparieren.
Ich hatte nicht vor, ihm die Möglichkeit zu geben, Alarm zu schlagen.
Schnell verlegte ich die Energie auf die vorderen Schilde und schoss mit maximalem Schub auf ihn zu. Die Massenträgheit presste mich mit einer Kraft in den Pilotensitz, die meine Sicht an den Rändern verdunkeln ließ. Sobald ich das Aufschaltsignal meines Scanners für den Nova Dog hörte, drückte ich den Feuerknopf. Mehrere Feuerstöße blitzten in der Leere auf und sorgten für kleine Explosionen an der Hülle und auf den Flügeln des Gegners. Die zweite Salve endete in einem hellen Schimmer. Er hatte seinen Schilden jetzt maximale Energie zugeteilt. Seine Triebwerke gingen flackernd aus und dann glitt er hinunter Richtung Station, um Deckung zu suchen.
Ich zwang mein Schiff in eine scharfe Linksdrehung, um ihn weiterverfolgen und weiterfeuern zu können. Energieblitze schlugen in seine Schilde ein. Er vollführte eine Fassrolle nur knapp an einer Antenne vorbei, die plötzlich in meinem Blickfeld auftauchte. Ich feuerte und zerschoss die Antenne. Meine Schilde leuchteten in einem ungesunden Blau auf, als die Metallstücke an mir vorbeiflogen. Als sich die Trümmer lichteten, hatte ich fast 50% der Energie meiner altersschwachen Maschine verloren, einfach so.
Wir waren jetzt nah an der Station, so nah, dass ich die Lichter in den Fenstern an mir vorbeifliegen sah. Ich gab Vollgas, katapultierte mich von der Station weg, um dann wieder mit voller Fahrt zurückzukehren. Instinktiv drehte sich mein Gegner und seine Schilde schrammten an OSP-4 entlang, glühten für einen Moment auf und brachen dann zusammen. Mein nächster Schuss verwandelte ihn in einen Feuerball, der genauso schnell wieder verschwand, wie er erschienen ist.
Ich reduzierte den Schub und näherte mich der Station. Für den Moment war ich allein, nur mein Funk zischte mit geordnetem statischen Rauschen, das fast wie Worte klang. Seltsam, ich wechselte den Frequenzbereich und fing die Geräusche eines Feuergefechts auf. Schreie wurden von schnellen Feuerstößen von Projektilwaffen unterbrochen. Die Nova Dogs griffen jemanden auf der Station neben mir an und ihnen wurde die Hölle heiß gemacht.
Ich konnte mir nicht vorstellen, wem es drei Tage nach der Belagerung noch möglich war, auf diese Weise Widerstand zu leisten. Die zurückgebliebenen Wachen waren tot und jeder, der es geschafft hatte, in einer Fluchtkapsel zu fliehen, war von den Piraten abgeschossen worden. Plötzlich stand mein Herz still. Tatsächlich gab es noch eine Gruppe, die bewaffnet und organisiert war. Immerhin haben sie unsere Waffen gestohlen.
Ich aktivierte den Funk, während ich den Jäger so nahe an die Station manövrierte, wie ich es mir zutraute. Ich nutzte das An- und Abschwellen des statischen Rauschens, um ihre Position zu triangulieren. Ich spreche von “ihr”, denn obwohl es sich bei der Gruppe, die ich versuchte, zu lokalisieren, ohne Zweifel um die Tevarin handelte, versuchte ich doch, deren einzigen Gast zu finden. Cayla Wyrick. Meine Therapeutin.
Aus dem Augenwinkel sah ich eines der Stationsfenster unregelmäßig flackern. Die Messwerte zeigten keinen Sauerstoff an, das bedeutete, dass der Bereich bereits durchlöchert war. Wer auch immer sie waren, sie mussten in Raumanzügen kämpfen.
Ich riskierte eine Übertragung. “Cayla?”
Die Kampfgeräusche ließen kaum nach, aber ich dachte, ich konnte ihre Stimme weit entfernt hören. Diese Hoffnung, auch wenn es nur Einbildung war, reichte mir. Euphorisiert übernahm ich wieder die Steuerung und drehte die Nase des Jägers in Richtung Station. Ich war jetzt so nah, dass ich die tobende Schlacht durch das Aussichtsfenster sehen konnte. Eine Seite trug unterschiedliche Raumanzüge, die mit einer teerartigen Farbe beschmiert waren. Die Anderen das Rot und Blau des Stationspersonals. Es war aber kein Personal, es waren die Tevarin.
“Lieber Yusaf Asari,” rief ich über Funk. “Ich schlage vor, du ziehst dich mit deinen Männern zurück. In Liebe, der Typ, der seine Klappe nicht halten kann.“
Wider jeder Erwartung sah ich, wie einer der Männer in den roten Raumanzügen seine Hand an seinen Helm presste, an die Stelle, wo sein Ohr sein müsste und dann aus dem Fenster genau zu mir blickte. Das musste ein teuflischer Anblick sein. Eine gewaltige Cutlass, deren Positionsdüsen überall auf der Hülle sporadisch feuerten, keine zehn Meter entfernt vor dem Fenster. Er drehte sich um und gab seinen Männern das Zeichen, sich zurückzuziehen. Ich ließ das Schiff ein wenig nach links treiben. Mein Zielcomputer würde keine ‚Menschen’ erfassen, also begab ich mich händisch in eine Linie zu den schwarzgestreiften Raumanzügen und drückte dann ab.
Die erste Explosion verwandelte die Hülle in ein weiß glühendes Stück Metall, die zweite schleuderte geschmolzene Metallklumpen in die Horde Piraten. Sie brauchten mehrere Sekunden, um die Quelle dieses neuen Angriffs zu identifizieren und bis dahin hatte ich bereits ein großes Loch in die Hülle geschossen und fast die Hälfte der Männer niedergemäht. Einige erwiderten das Feuer mit einzelnen Feuerstößen aus ihren kleinen Handfeuerwaffen, die problemlos von meinen Schilden absorbiert wurden. Ich veränderte meine Position leicht und setzte mein Kugelhagel fort. Es dauerte nicht lange, bis sie um ihr Leben rannten und die Tevarin ihre Fäuste in die Höhe rissen.
Allerdings war ich noch nicht fertig. Ich senkte die Schilde, bewegte vorsichtig den Steuerknüppel und drehte den Jäger. Nur mit Hilfe der Manövrierdüsen glitt ich durch das Loch, das ich gerade in die Hülle der Station geschossen hatte. Der Kollisionsalarm begann, in meinen Ohren zu dröhnen, während mein Blick auf der winzigen Anzeige klebten, die für Landemanöver genutzt wurde und mein Schiff in Relation zum Deck anzeigte. Wenige Sekunden später schwebte ich in der Mitte der Stationsbucht, wo der Kampf zwischen den Tevarin und den Piraten gerade abrupt geendet hatte.
Es war unglaublich schwer, die Nase des Jägers in Position zu halten, aber ich zog sie leicht hoch und richtete die Waffen auf Yusaf Asari und den Rest der roten Raumanzüge.
“Du weißt, was ich will, Asari,” sagte ich über Funk. Verwirrt senkten die Tevarin ihre Fäuste. Einige richteten ihre Gewehre auf mich, andere erkannten die Sinnlosigkeit hinter dieser Geste und blickten zu ihrem Anführer. Ich schob den Jäger ein Stück in seine Richtung. “Ich habe dir bereits gesagt, dass ich nicht ohne sie gehen werde.”
Ein langer Augenblick verstrich.
Ich begann zu schwitzen. Die Tevarin waren keine Piraten. Sie haben vielleicht kleinere Verbrechen begangen, aber jeder wusste, dass sie nur nach OSP-4 anstatt in lokalen Gefängnissen geschickt worden sind, weil sie der falschen Spezies angehörten. Asari wusste, dass ich sie nicht niedermähen würde. Aber vielleicht würdigte er das Risiko, das ich auf mich genommen hatte. Aber am Ende war er ein Tevarin, der eingesperrt worden war, weil er sich für sein Volk ausgesprochen hatte. Ich sprach für das meine.
“Wes Morgan ist ein Mann, der einen Anreiz braucht, um seine Versprechen zu halten,” sagte Asari schließlich. “Aber du hingegen hast gezeigt, dass du deine Versprechen einhältst, selbst wenn es dich selbst viel kostet. Für dich brauche ich keine Geisel. Nimm sie und halte dein Versprechen.“
Eine zierliche Gestalt in einem roten Raumanzug bewegte sich von den Tevarin weg und überquerte das Deck im Laufschritt. Ich öffnete die Frachttür und sie kletterte in den Laderaum. Sie setzte sich auf den Navigatorsitz und ich stellte den Druck im hinteren Teil des Schiffes wieder her, so dass sie den Helm abnehmen konnte.
Wenige Augenblicke später spürte ich ihre Hand auf meiner Schulter. “Ich wusste, dass du für mich zurückkommen würdest.”
Aus irgendeinem Grund fand ich keine Worte. Ich schluckte, holte tief Luft und drückte ihre Hand. ”Okay,” sagte ich, nachdem ich mir einen Moment Zeit genommen hatte. “Warte kurz. Das könnte etwas eng werden.“
Ich übernahm die Steuerung und hörte das Zischen der Manövrierdüsen durch die Schiffshülle, als der Jäger langsam begann, seitwärts zu driften.
“Avery,” sagte Cayla mit angespannter Stimme, als versuchte sie bemüht ruhig zu bleiben.
“Was?“
“Avery!”
“Was?!”
Ich fühlte, wie das Schiff schlingerte und die Schadensindikatoren anfingen zu blinken. Ich riss an den Steuereinheiten und versuchte die plötzliche Bewegung zu kompensieren, aber es war zu spät. Wir drifteten vorwärts. Einer der Geschütztürme hatte sich an der Hülle verfangen und war stark verbogen. Funken schlugen aus dem beschädigten Gelenk zwischen Jäger und Waffe, als es immer weiter nachgab, bis es abbrach und davon trudelte.
“Die Nova Dogs sind zurück und haben eine Art schulter-montierte Waffe dabei,” sagte Cayla. “Sie werden nochmal feuern.“
Wir waren noch nicht ganz aus der Stationshülle und es gab keinen Platz zum Ausweichen. Ich griff nach einer der Cockpitstreben und drückte mich in den Sitz, als wir getroffen wurden. Die Explosion schleuderte uns herum und aus dem Loch der Station. Ich ignorierte alles andere, hämmerte auf die Schilde, um sie wieder hochzufahren und lenkte uns dann zurück ins All.
Ich untersuchte unsere Schäden, während sich OSP-4 immer weiter von uns entfernte. Der Rumpf war an zwei Stellen mit Narben übersät und das Triebwerk hatte einige kleinere, kosmetische Schäden abbekommen. Am meisten Sorgen bereitete mir aber die fehlenden Teile des Geschützturms. Daran hing noch eine der zuvor zwei miteinander verbundenen Neutronenkanonen und ich hatte Sorge, die verbliebene Waffe abzufeuern, aus Angst vor einem Kurzschluss oder einer elektrischen Fehlfunktion. Ich musste mich wohl auf die Kanonen auf den Flügeln und den Laserrepeater unter der Nase verlassen.
Der Funk piepste neben mir. Es war Morgen.
Cayla hörte es auch. “Ignorier ihn.“
Ich blickte auf. Meine Hand ruhte über dem Funkgerät. “Warum?”
“Es gibt da etwas, das du wissen solltest.”
Quelle: RSI
Übersetzung & Korrektur: StarCitizenHQ (Tilgron) & StarCitizenBase.de (Priar)